Missbrauchsprozess Traunstein

"Keine Retraumatisierung für Betroffene auf der langen Bank"

Missbrauchsbetroffene sollten durch Prozesstaktiken nicht neuem Leid ausgesetzt werden

Pressemitteilung München/Traunstein, 21. Juni 2023

Ein Missbrauchsfall in Garching an der Alz, im Erzbistum München-Freising, umfänglich dokumentiert im Münchner Missbrauchsgutachten vom Januar 2022, kam am 20. Juni  2023 in Traunstein endlich vor Gericht. Trotz strafrechtlicher Verjährung sind in einem Zivilprozess die Verantwortlichkeiten und zivilrechtliche Schmerzensgeldforderungen zu klären. Beklagt sind der Haupttäter und ehemalige Pfarrer Peter H., das Erzbistum München-Freising, das auf seinen Einspruch der Verjährung im Vorfeld verzichtet hatte sowie die ehemaligen Münchener Erzbischöfe Josef Kardinal Ratzinger, späterer Papst Benedikt XVI., und Friedrich Kardinal Wetter. Die Anklage gegen Kard. Wetter wurde gestern von Klägerseite fallen gelassen, weil er zu seiner Schuld stand und aufgrund seines hohen Alters. Da die Erbschaftsverhältnisse des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. immer noch ungeklärt sind, wurde die Klage gegen ihn am 19. Juni abgespalten, um den Prozess zu ermöglichen. Von seiner Miterantwortung ging das Gericht aus.

Der Haupttäter erschien nicht, es kamen nur sein Anwalt und der Anwalt der Erzdiözese sowie der klagende Missbrauchsbetroffene mit zwei Anwälten. Jemand von der Diözesanleitung hätte durch Anwesenheit dokumentieren können, wie sehr man an der Seite von Missbrauchsbetroffenen steht. So war es eher beschämend.

Die Haftung der Erzdiözese als Arbeitgebende für Ihre Amtsträger ist unstrittig. Deshalb sieht das Gericht keinen Anspruch gegen Peter H. selbst. Der Anwalt der Erzdiözese anerkannte die Haftung und bedauerte  zutiefst das Leid und das Unrecht, das dem Kläger und weiteren Betroffenen angetan wurde. Leider wurde ein umfangreiches Privatgutachten, das die Klägeranwälte vorgelegt hatten und das die Auswirkungen des Missbrauchs auf die leidvolle Lebensentwicklung des Betroffenen aufzeigt, vom Gericht und seitens der Erzdiözese nicht akzeptiert. Die Erzdiözese hätte es anerkennen und dadurch dem Opfer nun eine mögliche Retraumatisierung durch ein gerichtlich angeordnetes, erneutes Gutachten ersparen können. Da es nun um die Höhe der zu leistenden Zahlung geht, scheint von Seiten der Diözese leider wieder eher der Institutionenschutz handlungsleitend zu sein. Hoffentlich nimmt sie den Täter dann in Regress, sonst würden es die Kirchensteuerzahlenden nicht verstehen.

Um dem Missbrauchsbetroffenen zu signalisieren, dass er große Unterstützung erfährt, und um zu zeigen, dass Verfahren für Betroffene so kurz wie möglich und mit einem guten Ergebnis für sie sein sollten, waren Vertretende der Initiative Sauerteig aus Garching/Alz sowie den Münchner Reformgruppen Gemeindeinitiative.org, Maria 2.0 und Wir sind Kirche vor der Gerichtssitzung mit einer Mahnwache vor Ort am Stadtpark und im Gerichtssaal.

Pressekontakt:

Renate Spannig, Maria 2.0 München
Tel: +49 176 43125959, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Rosi Mittermeier, Initiative Sauerteig, Garching a.d.Alz
Tel: +49 179 4691820, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Paul-G. Ulbrich, Gemeindeinitiative.org, Wir sind Kirche, München
Tel: +49 1578 8455612, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!