Holzkirchen

Der Pfarrer muss gehen, die Not ist groß

Zorneding
Zusammenarbeit zwischen katholischer und evangelischer Kirchengemeinde

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Eichenau (bei München)


Was gewachsen war

1926 wurde die Schutzengelkirche in Eichenau geweiht. Der Ort ist eine der typischen Münchener Umlandgemeinden mit viel Zugezogenen. Die Kirchengemeinde hat sich in den letzten  40 Jahren dank konzilsorientierter, Menschen zugewandter und aufgeschlossener Leitungen ständig gut weiterentwickelt.  Die verschiedensten kirchlichen Angebote wurden von immer mehr Menschen begeistert angenommen und eine große Zahl Engagementbereiter brachte sich in das sehr vielfältige Gemeindeleben ein. Die Vorgängerpfarrer hatten zusammen mit ihren pastoralen Mitarbeitern/innen gute neue Impulse gesetzt, die gerne aufgenommen wurden und zur Mitarbeit einluden. Im Jahr 2008 hatten die gewählten Gremien zusammen mit Gruppierungen und Mitgliedern der Pfarrgemeinde und im Austausch mit Menschen aus der politischen Gemeinde ein Leitbild entwickelt, das fruchtbare Wege in die Zukunft eröffnete. Es entspricht in seinen Ansätzen einem pastoralen Konzept.

Probleme

Nach einem Wechsel in der Gemeindeleitung im Herbst 2010 erlebte die Gemeinde binnen kürzester Zeit massive Konflikte und Parteiungen, eine sehr wechselhafte und selektive Pastoral, die eigenen Interessen der neuen Leitung folgte. Die Wahrnehmung dessen was gewachsen war, was nicht erkennbar. Bewährte Konfliktlösungsstrategien hatten keinen Erfolg. Immer mehr Menschen verloren ihre geistliche Heimat. Lückenfüllendes Einspringen in Aufgaben konnte die Situation nicht kaschieren. Binnen kurzer Zeit wurde die Zerbrechlichkeit eines zuvor blühenden Gemeindelebens deutlich. Im Spätsommer 2012 traten erst der Vorstand, dann weitere Mitglieder des Pfarrgemeinderats zurück, der damit 2/3 seiner Mitglieder verloren hatte. Es gab einen Austritt aus der Kirchenverwaltung. Immer mehr Menschen verabschiedeten sich aus dem Gemeindeleben. Der Verantwortliche scheint sich seine Gemeinde zu schaffen auf Kosten der Menschen am Ort. Gruppierungen, wo es weniger konfliktreich ist, sind nur sehr bedingt repräsentativ für die Gesamtgemeinde. Obwohl die Kirchenverantwortlichen frühzeitig und immer wieder informiert waren, hatte man lange nicht den Eindruck, dass man bereit wäre, nach Schnittpunkten der Probleme zu schauen.

Grundsatzfragen von überregionaler Bedeutung

An die Verantwortlichen ist die Frage zu stellen, warum sie sich nicht während der Ausbildungszeiten intensiver mit der Eignung von Priesterkandidaten beschäftigen. Die Frage nach der Lebenstauglichkeit von Interessenten unter normalen Lebens- und Berufsverhältnissen wird nicht gestellt. Ein marodes Klerikalsystem treibt hier höchst eigenartige Blüten, deren Folgen die Gemeinden dann ausbaden dürfen. Dass es weniger Bewerber zum Weiheamt gibt spricht für sich. Sehr zu kritisieren ist, dass die Kirchenleitung keine neuen Denkwege zulässt und sich hinter alten Traditionen, der Weltkirche und verstaubten Paragrafen verschanzt. Am Personalmangel orientierte Strukturveränderungen nehmen die Menschen in ihren Bedürfnissen nicht ernst. Man riskiert, dass sich mit dem Verlust von Kirche am Ort immer mehr Menschen verabschieden und Kirche sich zur Sekte entwickelt. Dies widerspricht klar dem Auftrag Jesu zu sammeln und zu wachsen. Es gefährdet die Verbreitung einer wunderbaren Botschaft, die Menschen Sinn, Lebenshilfe, Gemeinschaft, Freude und Trost vermittelt. Kirche muss einladend und nicht ausgrenzend erlebt werden.

Folgen für die Gemeinden

Mit den Konsequenzen des so selbst verschuldeten Personalmangels werden die Gemeinden dann wieder erpresst, sich mit jeder Art mangelnder Eignung von Gemeindeleitungen abfinden zu sollen. Das ist nicht länger akzeptabel. Menschen finden so keinen geeigneten Raum für ihre religiösen Bedürfnisse. Eine große Engagementbereitschaft vieler Christen wird dadurch mit Füßen getreten und kommt nicht zum Einsatz. Kirche wird als nicht mehr einladend erlebt und nachwachsende Generationen verlieren das Interesse. Aufwendig inszenierte Dialogprozesse ohne Konsequenzen täuschen niemand mehr und sind daher kein wirklicher Dialog. Es bedarf der massiven Korrekturen, die ernst nehmen, dass alle Kirchenmitglieder getauft und gefirmt sind. Das Volk Gottes braucht zwar Strukturen,  verschiedene Dienste und Funktionen, aber keine Hierarchen, die Sonderstellungen beanspruchen und sich in nicht hinterfragten Amtsschutzräumen behaglich einnisten. Die kommode finanzielle Absicherung kommt in Deutschland hinzu. 

Überlegungen für Lösungen

In allen Gemeinden sind genügend fähige Menschen für alle notwendigen Aufgaben zu finden. Wo dies nicht der Fall ist, kann man sich nachbarschaftlich unterstützen. Ideen und Bereitschaft, mitzuwirken gäbe es genug. Verhaltensweisen nach Vogel-Strauß-Manier den Kirchenleitungen werden nicht helfen. Das Evangelium braucht Menschennähe und Verheutigung. Lokal wie überregional wird nur das Ernstnehmen von Problemen, angstfreie Ursachenanalyse und konsequentes Handeln weiterhelfen. Angst vor Veränderungen, Unkonventionellem und Neuerungen ist kein guter Berater. Theologisch ist viel Ballast zu verabschieden. Das Verheutigen des II.Vaticanums ist wieder ernst zu nehmen und gute Anfänge aus der Würzburger Synode sind wieder auf zu nehmen.
Als  auf Zukunft hin orientiertes Volk Gottes können wir nicht länger hinnehmen, dass Kirchenverantwortliche sich verhalten wie Sterbebegleiter für Gemeinden. Wo es keine Gemeinden mehr gibt, braucht man auch keine Kirchenleitung mehr. Es braucht neue Personenkreise und Formen von Gemeinde- und Gottesdienstleitungen unter  vorbehaltloser Berücksichtigung der Charismen bei Frauen und Männern. Die Zeit ist überreif!
                                                                                                                                                             M.Ulbrich